NAUFRAGIO

Nussschalen, Goldfolie und Linsenraster-Fotografien, Räumliche Kunstinstallation, 2014

Eine Myriade Nussschalen, kleine Boote, auf denen Fragmente von Fotografien reisen, die im Gedächtnis gestrandet sind

Schiffbrüchige und im Gedächtnis gestrandete Erinnerungen

Nussschalen, die in den spielerischen Fantasien der Kinder wie Boote auf fernen Meeren treiben. Nussschalen wie Mutterleiber, in deren Innerem sich mit mütterlicher Sorgsamkeit die Spur einer kaum fühlbaren unaufdringlichen Präsenz verbirgt: Eine Reihe von kleinen Fotografien, sanft auf eine Goldfolie, gebettet, die sich mit ihrem byzantinischen Fluidum von der Einfachheit des Holzes des beherbergenden Elements unterscheiden. Das Werk ist eine Betrachtung zum Thema des Gedächtnisses und interpretiert es als persönliche, nicht kollektive und fragmentarische Erfahrung und es offeriert dem Betrachter eine alte Leier: Nur die Erinnerung verleiht dem Fluss des Lebens Sinn, selbst wenn es bei einem bedeutungslosen Detail zum Stillstand kommt.

Inhalt und Behälter

Die Nüsse wurden teilweise geduldig von der Künstlerin ausgeräumt; meist handelt sich um Nüsse, die zunächst gefunden und danach von der Künstlerin, die sich die geschickte Vorgangsweise der Vögel und Eichhörnchen auf Nahrungssuche zu eigen gemacht hat, ausgewählt wurden. In einigen  Nussschalen wurde eine hauchzarte Goldfolie hinterlegt, die durch Lichtreflexe dem Kunstwerk die für mittelalterliche Altarbilder typische Leuchtkraft verleiht. Einige Nussschalen sind hingegen leer. Andere wiederum enthalten kleinste Linsenraster-Fotografien,  die alten Familienalben entnommen wurden. Die  Fotografien wurden im kleinen Format gedruckt, zugeschnitten und, als Verweise auf kleine Löcher oder auf Linsenraster-Bilder von Murmeln, in die Nussschalen eingefügt.

Schiffbruch, Kunstwerk im Raum

Das Kunstwerk wurde konzipiert, um auf einer ebenen Fläche, sei auf dem Fußboden eines Museums, am Uferstreifen eines Strandes oder auf dem Tisch eines Hauses auf einem weißen Tischtuch ausgestellt zu werden, um an den würdigen Abschluss eines langen Familienessens zu erinnern. So empfängt der Raum die Erinnerungen nur, aber er bewahrt sie nicht auf. Die Anordnung der Nussschalen folgt darüber hinaus keiner vorbestimmten formalen Strenge: Die Fotografien stranden in der Erinnerungen mit ihrem Schatz an vergoldeten Reflexen und folgen einem zufälligen Algorithmus, wie möglicherweise jenem, der sie leitet, wenn sie sich auf dem Boden ausbreiten. Anlässlich einer Ausstellung war es der Wunsch eines Mädchens, die Behälter und Inhalte nach eigenem Ermessen anzuordnen.